Wirtschaft und Weiterbildung 1/2023

training und coaching

ihr Selbstverständnis als Führungskraft wandelt und bei ihnen die erforderliche Verhaltenssicherheit beim Coachen ent steht. Angenommen die Verkäufer und Verkäuferinnen im Außendienst sollen künftig die Umsatzpotenziale der (Noch nicht-)Kunden ermitteln und diese stärker ausschöpfen. Dann könnte der Entwick lungspfad wie folgt aussehen. Schritt 1: Vorgespräche Die Führungskraft stellt ihren Mitarbei tenden die geplante Offensive vor und erläutert ihnen die damit verbundenen Ziele. Danach erörtert sie mit ihnen, wel chen Entwicklungsbedarf sie zum Errei chen der Ziele noch bei sich sehen. Schritt 2: Maßnahmenplanung Die Führungskraft entwickelt (mit den Mitarbeitenden und/oder der Zentrale) einen Maßnahmenplan zum Erreichen der Ziele. Zudem vereinbart sie mit jedem Mitarbeiter individuelle Entwicklungs ziele und Unterstützungsmaßnahmen. Schritt 3: Kick-off In einem Workshop stellt die Führungs kraft den Verkäufern den Maßnahmen plan vor. Danach werden erste Rollen spiele durchgeführt, in denen die Ver käufer das Vorgehen und Verhalten im Kundenkontakt simulieren. Die Führungskraft begleitet die Verkäufer bei Kundenbesuchen und nimmt an Te lefon- oder Videokonferenzen von ihnen mit Kunden teil. Danach gibt sie ihnen ein aufbauendes, weiterführendes Feed back. Außerdem trainiert sie mit ihnen nochmals das gewünschte Verhalten und vereinbart mit ihnen Entwicklungsziele, die beim nächsten Coaching-Termin er reicht sein sollen. Die Führungskraft begleitet die Verkäufer erneut zu Kunden oder lauscht Kunden gesprächen von ihnen und gibt ihnen Feedback. Danach trainiert sie mit ihnen wieder das gewünschte Verhalten. Au ßerdem vereinbart sie mit ihnen erneut individuelle Entwicklungsziele und Maß Schritt 4: Training und Coaching on the Job Teil 1 Schritt 5: Training und Coaching on the Job Teil 2

nahmen, damit das bereits gezeigte neue Verhalten zum Standard wird.

hohen Anspannung stehen. Das heißt, sie geben ihren Mitarbeitenden vor, was diese künftig tun sollen, statt Lern- und Entwicklungsprozesse bei ihnen anzu stoßen und statt ihre Mitarbeitenden zu ermutigen, eigenständig nach Problemlö sungen zu suchen. Dies führt zu einem Gefühl der Bevormundung bei den Mitar beitenden – auch weil die Führungskräfte ihren Mitarbeitenden nicht ausreichend vermitteln, dass das Ziel des Coachens nicht ein verstärktes Kontrollieren der Außendienstmitarbeiter ist. Die Coaching-Kompetenz mit System entwickeln Dass die Coaching-Kompetenz der Füh rungskräfte mit System entwickelt werden sollte, ist inzwischen den meisten Unter nehmen bewusst. Deshalb bilden immer mehr ihre Führungskräfte berufsbeglei tend zu Vertriebscoachs aus. Das heißt, sie werden über einen längeren Zeitraum – zum Beispiel zwölf Monate – für ihre Coaching-Aufgabe qualifiziert und zwar in modularen Ausbildungen. Das erfor derliche Coaching-Know-how wird den Führungskräften also in wohldosierten Häppchen vermittelt. Und ihre Coaching Kompetenz? Sie wird weitgehend anhand konkreter Aufgaben, vor denen sie im Ar beitsalltag stehen, entwickelt. Dabei wird prozessbegleitend auch ihr Führungsver halten reflektiert, sodass sich mit der Zeit

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Schritt 6: Evaluation der

Qualifizierungsmaßnahme Nachdem alle vereinbarten Entwicklungs maßnahmen stattgefunden haben, analy siert die Führungskraft (mit ihren Mitar beitern), inwieweit sich das Verhalten der Verkäufer tatsächlich geändert hat und die Ziele der Gesamtmaßnahme erreicht wurden. Abhängig davon entscheidet sie, an welchen Punkten ein Nachjustieren sinnvoll wäre. Das Coachen der Mitarbeiter beim Wei terentwickeln ihrer Kompetenz erfordert von ihren Führungskräften gerade zu Be ginn eine hohe Investition an Zeit. Zeit, die ihnen, so ein häufiger Einwand, im Arbeitsalltag oft fehlt. Deshalb sollte den Führungskräften in ihrer Coaching-Aus bildung vermittelt werden, wie wichtig das Wahrnehmen dieser Funktion für den mittel- und langfristigen Erfolg des Unter nehmens ist – gerade in einer Zeit, in der sich die Marktstrukturen und Kunden bedürfnisse immer schneller wandeln, weshalb die Verkäufer im Kundenkontakt auch agiler agieren müssen. Außerdem sollten den Führungskräften Wege auf gezeigt werden, ihren Arbeitsalltag so zu strukturieren, dass sie auch ihre Coa chingfunktion erfüllen können. Vermittelt werden sollte ihnen zudem, dass das systematische Entwickeln der Kompetenz ihrer Mitarbeiter mittelfris tig zu einer Entlastung von ihnen führt. Denn je qualifizierter ihre Mitarbeiter sind und je professioneller diese ihre Auf gaben wahrnehmen, umso seltener müs sen sie korrigierend und unterstützend eingreifen. Außerdem steigt, wenn ihre Mitarbeiter aufgrund ihrer Kompetenz ei genverantwortlicher und zielorientierter im Markt agieren, nicht nur deren Umsatz und Provision, sondern auch ihr Einkom men. Denn die Vergütung der Führungs kräfte im Vertrieb ist meist stark an der Performance ihrer Mitarbeiter gekoppelt. Auch deshalb lohnt sich für sie die Inves tition von Zeit. Hans-Peter Machwürth Auch die Führungskräfte profitieren vom Coaching

AUTOR

Hans-Peter Machwürth

ist Geschäftsfüh rer eines interna tional agierenden

Trainings- und Beratungsunterneh mens. Seit 25 Jahren unterstützt es (mit 450 Beratern, Trainern und Pro jektmanagern weltweit) Unternehmen beim Umsetzen ihrer Strategien. Machwürth Team International (MTI Consultancy)

Dohrmanns Horst 19 27374 Visselhövede Tel. 04262 9312-0 www.mticonsultancy.com

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